Agroforstsysteme für mehr Natur- und Klimaschutz

Agroforstsysteme für mehr Natur- und Klimaschutz

Anfang November stellte das „Modellprojekt Naturschutzberatung Brandenburg“ verschiedene Agroforstsysteme für mehr Natur-und Klimaschutz vor. Thomas Domin, Leiter des landwirtschaftlichen Demonstrationsbetriebs für Naturschutz, berichtete von seinen Erfahrungen und Anstrengungen zur Kultivierung von Agroforststreifen. Ihm zur Seite stand beim Feldtag Dr. Rico Hübner, wissenschaftlicher Leiter des DeFAF (Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft).

Für einige Landwirte aus der Nähe von Senftenberg ist Landwirtschaftsmeister Thomas Domin der „mit den Bäumen“. Überregional ist der 44-Jährige für seinen Pioniergeist bekannt. Im Jahr 1997, mit gerade einmal 19 Jahren und mitten in der Ausbildung zum Landwirt, übernahm Domin den Betrieb von seinem Vater. Damals war er der jüngste Wiedereinrichter im Landkreis.

Neuen Aufgaben stand Domin seit jeher offen gegenüber. Den ca. 360 Hektar großen Betrieb mit Ackerbau, Viehzucht und Grünland entwickelte er stetig weiter. Mitte der 2000er Jahre habe der Getreidepreis bei zehn Euro und niedriger gelegen. „Da haben wir uns viele Gedanken zum Überleben unseres Betriebes gemacht“, so Domin. Als Lösung wurde 2005 eine Biogasanlage angeschafft, die für Wärme und Energie sorgte. Fünf Jahre später folgte eine Photovoltaikanlage auf den Gebäuden und Ställen, um dem Klimawandel und Wetterextremen angemessen zu begegnen.

Vor Jahrhunderten schon war Brandenburg als Streusandbüchse verspottet. Und das Klima ändert sich, wird immer extremer. Dürren und Sandstürme sind zu Begleiterscheinungen der klimatischen Veränderungen geworden. Eine verheerende Trockenheit in den Jahren 2018 und 2019 verursachte starke Ernteeinbußen und beeinträchtigte die Biogasproduktion. Für Thomas Domin war es der Anlass, die Biogasanlage durch eine Hackschnitzelheizung zu ersetzen. Seit 2012 beschäftigt sich der Betrieb mit Agroforst, bald darauf wurden in Zusammenarbeit mit dem Projekt „Aufwerten“ (https://agroforst-info.de) Agroforststreifen auf den Ackerflächen des Betriebs angelegt.

Projektpartner ist von Beginn an Dr. Christian Böhm von der BTU Cottbus Senftenberg gewesen. „Im Frühjahr 2015 haben wir die ersten sieben Gehölzstreifen hauptsächlich mit Pappeln, Erlen, Weiden und Robinien angelegt“, erklärt der Betriebsleiter die Agroforstanfänge. Zwei Jahre später wurde das Projekt um zwei Gehölzstreifen auf Dauergrünland erweitert. „Langfristig hoffen wir auf Unterstützung durch das Ministerium und eine zukünftige angemessene Förderung des Agroforstsystems“, betont Thomas Domin.

Die Projektpartner und die wenigen existierenden Agroforstprojekte seien jedoch bisher mit vielen rechtlichen Hürden konfrontiert gewesen. Um dem Thema Nachdruck zu verleihen, gründete sich 2019 der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF). „Aus den vormals 80 Gründungsmitgliedern sind wir mittlerweile auf 330 Mitglieder angewachsen“, freut sich Domin. 2020 erfolgte eine Erweiterung des Agroforstsystems um schnellwachsende Hölzer und Werthölzer. „An den Rändern pflanzten wir schnellwachsende Hölzer aus Pappeln und Weiden und in der Mitte Streifen aus Feldahorn, Baumhasel und Maronen“, führt Domin aus. Bei den Kontrollen habe man sich weniger um die Baumarten gekümmert als um die eingehaltenen Flächenmaße von 0,3 Hektar.

Agroforstwirtschaft ist ein Teil der Lösung aktueller und zukünftiger Problemstellungen wie Winderosion, Frühsommertrockenheit oder Wasserknappheit rund um die Tagebaufolgelandschaften. Die Kulturen sind keine neue Erfindung. Hecken und Knicks sind seit jeher bekannt. Einerseits sind die angelegten Gehölzstreifen Mittel zum Zweck, andererseits können Ackerlandschaften aufgewertet werden. Die landläufige Meinung, dass Bäume dem umgebenen Boden Wasser entziehen, muss korrigiert werden.

Ganz im Gegenteil – die aufgeforsteten Streifen helfen beim Wassersparen. Die Windgeschwindigkeiten werden durch die Baumstreifen gedrosselt und wirken so der Wasserverdunstung entgegen. Neben der verminderten Bodenerosion können Ackererträge kompensiert und sogar gesteigert werden. „In erster Linie geht es uns aber nicht um eine Ertragssteigerung, sondern um den Schutz des Ackerlandes, um in Zukunft überhaupt noch Ackerbau in der Region betreiben zu können“, erklärt Domin. Zudem bilden die Baumstreifen eine physische Barriere zu Gewässerrandstreifen. Die Wurzeln der Gehölzstreifen fungieren als eine natürliche Filteranlage und reduzieren Stoffausträge wie Nitrate in umliegende Gewässer.

Dieser Win-Win-Effekt führt zu einer verbesserten Biodiversität, und das schnellwachsende Holz kann als wertvoller Energielieferant genutzt werden. Die Investitionskosten für einen Pappelsteckling betragen ca. 30 Cent. Für einen Agroforststreifen aus Pappelgehölz kann daher mit bis zu 5.000 Euro pro Hektar gerechnet werden, hinzu kommen Ausgaben für die Pflegemaßnahmen zur Etablierung des Gehölzstreifens. Großangelegte wissenschaftliche Untersuchungen zu Auswirkungen der Agroforststreifen auf landwirtschaftliche Kulturen und Biodiversität sind für die nahe Zukunft geplant.

Seit 2021 läuft auf dem landwirtschaftlichen Betrieb ein weiteres Forschungsprojekt zur Kreislaufwirtschaft: Zukünftig ist eine Biokohlegewinnung aus Hackschnitzeln geplant, um laut Thomas Domin einen zusätzlichen Beitrag zur Bodenaufwertung zu leisten. Auf dem Traktor trifft man Domin derzeit selten an. Veranstaltungstermine und die Anstrengungen zum Aufbau eines Netzwerks zur Förderung von Agroforstkulturen kosten viel Zeit und Energie. 2021 kam Domin ob seines Engagements unter die Finalisten des Ceres Awards, den vom Deutschen Landwirtschaftsverlag verliehenen Preis. Im selben Jahr zeichneten der Landesbauernverband (LBV) Brandenburg und der Agrarmarketingverband pro agro Domin in der Kategorie „Klimaanpasser“ aus.

Bildmaterial zur kostenfreien Verfügung finden Sie (als Quelle ist bitte „FÖL e.V. / Jan Lieske“ zu nennen) unter:

Über das Naturschutzprojekt

Im Rahmen des seit 2018 laufenden Kooperationsprojekts „Entwicklung, Erprobung und Evaluierung eines übertragbaren Modells einer einzelbetrieblichen Naturschutzberatung im Land Brandenburg“ geben fünf Demonstrationsbetriebe rund um Berlin und im südlichen Brandenburg ihre Erfahrungen an Interessierte weiter und bringen so als Multiplikatoren den Naturschutz voran.

Mehr Informationen finden Sie auf der Projektwebseite: https://www.naturschutzberatung-brandenburg.de/

Kontakt
Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg e.V. (FÖL)
Christina Menne
Marienstraße 19-20
10117 Berlin
Tel.: 030 284824-23 Fax-48
E-Mail: c.menne@foel.de
www.bio-berlin-brandenburg.de