BÖLW fordert von Cem Özdemir EU-Sofortprogramm zur Abstockung der Tierbestände, um Lebensmittelversorgung zu sichern

BÖLW fordert von Cem Özdemir EU-Sofortprogramm zur Abstockung der Tierbestände, um Lebensmittelversorgung zu sichern

Die Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Tina Andres, zur Situation der Lebensmittelversorgung:

„Wer den Ukrainekrieg und seine Folgen für die Getreidemärkte als Vorwand nimmt, die Ökologisierung der Landwirtschaft zurückzudrehen, verdreht die Tatsachen: Erstens hat die Ukrainekrise die anderen zukunftsbedrohenden Krisen von Klima und Biodiversität nicht ersetzt. Sie ist hinzugekommen. An der Notwendigkeit, Landwirtschaft und Ernährung so umzubauen, dass sie nicht länger Brandbeschleuniger dieser Krisen ist, hat sich nicht verändert.

Zweitens steigen die Getreidepreise jetzt – und nicht in den kommenden Jahren, wenn die Pläne von EU-Kommission zur Agrarpolitik greifen. Jetzt werden ganz akut Millionen in den Hunger getrieben, vor allem in den Ländern des globalen Südens. Die scheinheilige Forderung nach einem Rollback der Agrar-Reform haben mit der jetzigen Situation nichts zu tun. Und Appelle an die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, ihren Fleischkonsum zu reduzieren, werden nicht wirken!

Wir brauchen Maßnahmen, die im März 2022 wirken. Denn heute gehen die Preise in Erwartung von Ernteausfällen im Sommer 2022 durch die Decke und Menschen in Afrika oder Asien, die weit über die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben, können sich die nötigsten Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten.

Es gibt eine einfache Lösung: Ich fordere Bundesminister Özdemir auf, jetzt mit seinen Kolleginnen und Kollegen in der EU ein Sofortprogramm zur befristeten Abstockung der Tierbestände aufzulegen. Sie müssen den Tierhalterinnen und Tierhaltern Europas – und ich nehme die Bio-Betriebe nicht aus – eine deutliche Minderung ihrer Bestände für die nächsten zwölf Monate abverlangen und ihnen den entgangenen Gewinn ausgleichen.

Auch wenn die Abstockung schrittweise greift, wird das Signal an den Märkten sofort wirken. Denn unglaubliche 60 % der Getreideernte geht in Europa in die Futtertröge! Nur 20 % des Getreides werden als Lebensmittel verwendet. Auch rein ökonomisch gibt es derzeit keine günstigere Variante, um dem Hunger von Millionen Menschen vorzubeugen.

Die Sofortmaßnahme soll der aktuellen Not Einhalt gebieten. Sie kann und soll nicht den dringend erforderlichen Umbau der Tierhaltung in Deutschland und Europa ersetzen!“

Hintergrund
Unter dem Titel „Wir brauchen eine Transformation des Lebensmittelsystems – angesichts des Ukraine-Krieges mehr denn je“ haben sich heute 200 Wissenschaftler für die Transformation der Land- und Ernährungswirtschaft ausgesprochen.

Sie fordern:

  1. Beschleunigung der Umstellung auf eine gesündere Ernährung mit weniger tierischen Produkten in Europa und anderen Ländern mit hohem Einkommen, wodurch sich die für Tierfutter benötigte Getreidemenge verringern würde;
  2. Steigerung der Produktion von Hülsenfrüchten und weitere Ökologisierung der EU-Agrarpolitik, auch um die Abhängigkeit von Stickstoffdüngern oder Erdgas aus Russland zu verringern;
  3. Verringerung der Lebensmittelverschwendung, da beispielsweise die Menge des in der EU verschwendeten Weizens allein etwa der Hälfte der ukrainischen Weizenexporte entspricht.

Sie sagen auch: „Auf der Grundlage von FAO-Daten schätzen wir, dass der Einbruch der ukrainischen Getreide- und Ölsaatenexporte durch eine Verringerung des Getreideverbrauchs in der EU zur Fütterung der Viehbestände um etwa ein Drittel ausgeglichen werden könnte.“

Quelle: https://zenodo.org/record/6366132#.YjRvKDUxlEY sowie https://www.pik-potsdam.de/en/news/latest-news/food-crisis-due-to-ukraine-war-calls-for-action-less-meat-less-waste-and-greening-eu-agricultural-policy

Kontakt
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) e.V.
Joyce Moewius – Pressesprecherin
Marienstraße 19-20
10117 Berlin
Tel.: 030 28482-307
E-Mail: presse@boelw.de
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