Legehennenhaltung: Bio ist klar die Alternative, aber es geht noch besser!

Legehennenhaltung: Bio ist klar die Alternative, aber es geht noch besser!

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Michael Wimmer

Der Ökolandbau ist angetreten, um die wirtschaftliche Produktion von Lebensmitteln mit den vielfältigen Anforderungen von Natur und Umwelt in Einklang zu bringen.

Ein hohes Gut ist dabei auch, dass die gehaltenen Tiere die Möglichkeit haben, ein besseres Leben führen zu können, in dem sie z.B. ihr artgerechtes Verhaltensrepertoire ausleben können. Konkret heißt dies bei Hühnern, dass sie Zugang zu frischem Gras erhalten, nach Herzenslust picken, scharren oder Staubbäder nehmen können.

So erhalten die Bio-Legehennen im Vergleich zur konventionellen Freilandhaltung ausschließlich ökologisch produziertes Futter sowie 50 % mehr Platz im Stall. Eine Bio-Hühnerherde darf maximal 3.000 Tiere umfassen, häufig laufen in der Herde auch Gockel mit.

Leider ist die Bio-Legehennenhaltung die letzten Jahre in Misskredit geraten, weil die EU-Bio-Verordnung zwar Stallgrößen für Legehennen von 3.000 Tieren pro Stall vorschreibt, in der Auslegung jedoch die Unterbringung mehrerer Stallabteile mit je 3.000 Hühnern zugelassen wurde. Im Ergebnis wird die Bio-Eier-Produktion für den konventionellen Handel von größer skalierten Stallanlagen mit 4-7 Stallabteilen pro Stallgebäude dominiert, weil diese aufgrund niedrigerer Investitions- und Personalkosten billiger produzieren können.

Häufig werden diese Ställe sogar mit Massentierhaltung in Verbindung gebracht. Richtig daran ist, dass hinter diesen Stallanlagen eine gewisse industrielle Logik steckt, weil zwar die gesetzlichen Mindestanforderungen eingehalten werden, dann aber das Motiv der preisgünstigen Produktion vor dem Wohl des Huhns steht. So kann man in diesen Ställen mit einem Förderstrang die Fütterung organisieren und mit einem Förderband die Eier einsammeln.

Das eigentliche Problem ist hierbei nicht die Unterbringung im Stall (hier ist es dem Huhn tatsächlich egal, ob seine Artgenossen hinter einer Wand oder in einem anderen Stall die gleichen Bedingungen vorfinden). Das Problem liegt in der Begrenzung des Auslaufs: Da das Huhn ein ausgesprochenes Fluchttier ist, wagen sie die Hühner aus Angst vor Habicht und Adler nur dann weiter als 10-15 Meter vor den Auslauf, wenn sie sich unter Bäumen oder Sträuchern verstecken können.

Praktisch wird der Auslauf daher nur im unmittelbaren Auslaufbereich genutzt. Dies führt dazu, dass dieser nach kurzer Zeit kahlgefressen ist. Hinzu kommt, dass in dem so entstehenden Staub-Kot-Bad sich nicht nur Keime, Bakterien, Flöhe etc. konzentrieren, sondern auch Nitrat ins Grundwasser ausgewaschen werden kann. Kann ein Huhn in einem freistehenden 3.000-er Stall die gesamte Fläche um den Stall herum nutzen, steht in den Mittelabteilen der großen Ställe mit der Vorder- und Rückseite nur die Hälfte der effektiv nutzbaren Auslauffläche zur Verfügung.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Konsequenzen:

Aus Sicht der Branche:
Innerhalb der Bio-Branche – allen voran bei den anerkannten Anbauverbänden – wird das unbegrenzte Aneinanderbauen von Stallabteilen als Fehlentwicklung eingeschätzt. Die meisten Anbauverbände haben deutlich strengere Standards, so erlaubt Demeter seit jeher nur max. 3.000 Hennen pro Stallgebäude, bei Bioland sind es 6.000, wobei die beiden Hühnerabteile mit einem Versorgungsgebäude voneinander getrennt sein müssen, um auch den Auslaufbereich zwischen den Stallabteilen zu garantieren.

Es gibt immer einen Anfang für das Bessere: Die Bio-Branche ist davon überzeugt, dass man diese Entwicklung zu größeren Ställen zurückdrehen muss und auch kann. Wenn die Nachfrage und / oder die Standards sich ändern, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die notwendige Anzahl an Bio-Hühnern in kleineren Einheiten artgerecht gehalten werden kann.

Empfehlungen für die Verbraucher:

  • Es gibt absolut keinen Grund, auf den Kauf von Bio-Eier zu verzichten, da es den Hennen allemal besser geht als in der nächst besseren Kategorie (hier im Vergleich zu konventioneller Freilandhaltung: 50 % mehr Platz im Stall und Bio-Futter).
  • Wem das Wohl der Legehennen besonders am Herzen liegt und wer den Trend zu kleineren Stalleinheiten beschleunigen will, ist im Bio-Laden oder im Bio-Supermarkt an der richtigen Adresse: Hier werden praktisch ausschließlich Eier angeboten, die dem bäuerlichen bzw. Verbands-Ideal entsprechen. Zusätzliche Sicherheit bietet hier der Blick auf die Verbandslogos.
  • Wer es richtig gut mit den Hühnern meint, dem sei der Griff zu Eiern aus mobiler Hühnerhaltung und / oder von Zweinutzungshühnern (insb. www.aktion-ei-care.de) empfohlen. Beide gibt es bei Direktvermarktern (www.bio-berlin-brandenburg.de/aktuelle-projekte/das-huehnermobil) sowie im gut sortierten Einzelhandel.

Empfehlungen an Politik und Verwaltung:

  • Perspektivisch: Begrenzung der Legehennen-Anzahl auf max. 6.000 Tiere pro Stallgebäude in der EU-Bio-Verordnung. Begründung: Ab dem 3. Abteil in der Mitte entsteht der Reihenmittelhaus-Effekt …
  • Sofort: Beendigung der Subventionierung von großen Hühnerställen: Würde die öffentliche Hand nur noch Stallbauten bis max. 6.000 Hennen (Bioland-Standard) über das Agrarinvestitionsprogramm (AFP) fördern, wäre der Kostenvorteil der großen Einheiten zugunsten der kleineren Einheiten schnell vorbei.
  • Brandenburg könnte sich hier an dem ebenfalls SPD-geführten Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern orientieren. Dort werden seit 2015 Bio-Ställe nur noch bis zu einer max. Belegungszahl von 6.000 Hennen pro Stallgebäude gefördert. Um ein späteres Umwidmen der grundsätzlich baugleichen konventionellen Freilandhaltungsställe zu vermeiden, hat das Nachbarland die Förderung jeglicher konventioneller Legehennenhaltung komplett ausgesetzt!
  • Sofortige Aussetzung der Baugenehmigungspflicht für mobile Hühnerhalter nach dem Vorbild des niedersächsischen Landtags.
  • Unabhängig davon könnte das Land Brandenburg die Kontrollvorgaben dahingehend verschärfen, dass bei den bestehenden Bio-Ställen konsequent überprüft wird, welchen Auslaufbereich die Hühner tatsächlich nutzen und ob somit sichergestellt ist, dass die vorgeschriebenen 4 qm Auslauf/Huhn tatsächlich genutzt werden. Kann dies nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, können die Ställe ja weiterhin unter den Bedingungen der konventionellen Freilandhaltung weitergeführt werden. Wenngleich: Was hinsichtlich der Auslaufgröße und -qualität für Bio-Hühner gilt, gilt eigentlich auch für konventionelle gehaltene Hühner.

Weitere Infos:
www.bio-berlin-brandenburg.de/aktuelle-projekte/das-huehnermobil
Änderung der niedersächsischen Bauordnung vom 25.9.2017: www.nds-voris.de/jportal/portal/t/w74/page/bsvorisprod.psml/action/portlets.jw.MainAction?p1=2v&eventSubmit_doNavigate=searchInSubtreeTOC&showdoccase=1&doc.hl=0&doc.id=jlr-BauOND2012V5Anhang&doc.part