Recht auf Wahlfreiheit und gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung sichern

Recht auf Wahlfreiheit und gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung sichern

Gemeinsame Stellungnahme landwirtschaftlicher, züchterischer und Jugend-Verbände an die Europaparlamentarier für die Abstimmung am 7.02.2024 im EP zu neuen Gentechnik-Pflanzen:

Jetzt ist die Stunde des Europäischen Parlaments! Die unterzeichnenden Verbände fordern Sie auf, sich bei der aktuell anstehenden Abstimmung des Europäischen Parlaments zum Gesetzesentwurf der EU-Kommission zum Umgang mit neuen Gentechnik-Verfahren bei Pflanzen klar für die Wahlfreiheit und das Recht, auch in Zukunft gentechnikfreie Lebensmittel zu erzeugen, einzusetzen.

Der Gesetzentwurf der EU-Kommission und die bisherigen Änderungsanträge des Agrar- und Umweltausschusses würden letztendlich dazu führen, dass die gentechnikfreie konventionelle und ökologische Lebensmittelerzeugung nicht mehr möglich wären. Das dürfen Sie nicht zulassen!

Kämen der Verordnungsvorschlag durch, würden 94 Prozent der zu erwartenden neuen Gentechnik
Pflanzen dereguliert. Das hieße für alle diese gentechnisch veränderten Pflanzen:

  • keine verpflichtenden Risikoprüfung
  • keine Kennzeichnung bis zum Endprodukt
  • keine Rückverfolgbarkeit
  • keine verpflichtenden, wirksamen Anbau- und Koexistenzregelungen
  • keine Haftung im Schadensfall
  • Aushebelung des EU-Vorsorgeprinzips.

Das widerspricht dem Wunsch von über 90 Prozent der deutschen Bevölkerung, die eine Kennzeichnung und Risikoprüfung von neuen Gentechnik-Produkten möchten (Link). Und es widerspricht dem Wunsch zahlreicher landwirtschaftlicher Betriebe und Verarbeitungsunternehmen (Link), die weiterhin gentechnikfrei erzeugen möchten. Sie haben ihren Markt mit gentechnikfreien Erzeugnissen erfolgreich entwickelt und diesen Wettbewerbsvorteil gilt es zu schützen.

Dass mit neuen Gentechniken entwickelte Pflanzen genauso sicher seien, wie konventionell gezüchtet Pflanzen wurde von der für Lebensmittelsicherheit zuständigen französischen Behörde ANSES (Link) zurückgewiesen. Sie bezeichnete die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Kriterien für die Zuordnung von NGT-Pflanzen zur deregulierten Kategorie 1 als willkürlich und wissenschaftlich nicht fundiert. Andere Wissenschaftler:innen (Link und Link) plädieren für eine verpflichtende Risikobewertung aller NGT-Pflanzen, da es auch hier zu unerwarteten Effekten kommen kann, die vor Freisetzung ausgeschlossen werden sollten.

Dass neue Gentechnik-Pflanzen die Lösung für den Klimawandel wären, entbehrt jeglicher Grundlage. Für eine klimaresiliente Landwirtschaft und die Reduzierung von Pestiziden brauchen wir Vielfalt in den Kulturen, in den Sorten und Anbausystemen. Konventionelle und ökologische Pflanzenzüchter:innen sind äußerst innovativ. Sie dürfen nicht durch die mit neuen Gentechniken einhergehenden Patente an ihrer Arbeit behindert werden. Deshalb muss das Verbot von Patenten auf konventionelle Züchtungen (einschließlich Mutagenese) umgehend umgesetzt werden. Ein Verbot von Patenten auf NGT-Pflanzen kann rechtssicher nicht im Rahmen der NGT-Regulierung der EU verankert werden. Dazu wäre eine entsprechende Änderung des Europäischen Patentübereinkommens (39 Vertragsstaaten) notwendig. Das erscheint zum derzeitigen Zeitpunkt unrealistisch.

Wer neue Gentechnik bei Pflanzen dereguliert, wird Patente ernten.

Das bisherige EU-Gentechnikrecht ist ein Kompromiss und es bringt Rechtssicherheit für alle Seiten, sowohl für Gentechnik-Anwender:innen, als auch für den gentechnikfreien Wirtschaftssektor. Es erlaubt Forschung – setzt aber Leitplanken für Freisetzungen, da diese nicht mehr rückholbar sind. Und es entspricht dem in der EU geltenden wichtigen Vorsorgeprinzip. Diese europäischen Standards sollten wir beibehalten.

Die Gentechnikfreiheit Europas ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil sowohl für den Biosektor als auch gerade im konventionellen Bereich. Diesen gilt es zu schützen. Auch die Haftung im Schadensfall muss klar geregelt werden. Es darf nicht sein, dass der Gesellschaft oder den
Bäuer:innen die Folgekosten von Gentechnik-Schäden aufgebürdet werden. Sondern diese müssen
von den Verursacher:innen und Profiteuren der neuen Gentechnik übernommen werden.

Deshalb: Bitte stimmen Sie im Plenum nur solchen Änderungsanträgen zu, welche die Wahlfreiheit
sicherstellen, das Vorsorgeprinzip respektieren, und folgende Regelungen enthalten:

  • eine Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung auch von NGT-Pflanzen der Kategorie 1 entlang der gesamten Wertschöpfungskette
  • wirksame Koexistenz- und Haftungsregeln zum Schutz der gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Erzeugung
  • eine gründliche Risikoprüfung aller NGT-Pflanzen
  • Monitoring der Risiken für die Umwelt und menschliche Gesundheit sowie die Möglichkeit,
    die Entscheidung, eine NGT-Pflanze als Kategorie 1 einzustufen, zu widerrufen, falls Risiken
    festgestellt werden.

Sollten diese Mindestanforderungen am Ende der Abstimmung im Plenum nicht erfüllt sein, fordern wir Sie auf, den Gesetzesvorschlag in der Endabstimmung abzulehnen.

Wir möchten Sie bitten uns Ihre Position und Gründe für Ihre Abstimmung schriftlich zu erläutern.

Gerne stehen wir zu Gesprächen und Nachfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen im Namen der Unterzeichner:innen:

  • AbL – Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., Xenia Brand (Geschäftsführerin), mail: brand@abl-ev.de
  • BDM – Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V., Karsten Hansen (Vorstandsvorsitzender), mail: info@bdm-verband.de
  • Biokreis e.V. – Verband für ökologischen Landbau und gesunde Ernährung, Thorsten Block (Vorstandsvorsitzender); mail: block@biokreis.de
  • Bioland e.V., Jan Plagge (Präsident), mail: info@bioland.de
  • Biopark e.V., Dr. D. Micklich (Geschäftsführung), mail: info@biopark.de
  • BUNDjugend, Maria Michaelys (Vorstand), mail: bundesvorstand@bundjugend.de
  • Bündnis Junge Landwirtschaft e.V., Willi Lehnert (Koordinator), mail: hallo@bjl-ev.de
  • Dachverband ökologischer Pflanzenzüchtung in Deutschland e.V., Gebhard Rossmanith (Vorstand), mail: g.rossmanith@consulting-osb.de
  • Demeter e.V., Dr. Alexander Gerber (Vorstand), mail: alexander.gerber@demeter.de
  • Gäa e.V. – Vereinigung ökologischer Landbau, Kornelie Blumenschein (Vorstand), mail:
    k.blumenschein@gaea.de
  • IG-Nachbau, Georg Janßen (Geschäftsführer), janssen@abl-ev.de
  • IG Saatgut – Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit, Stefanie Hundsdorfer (Co-Leitung), mail: stefanie.hundsdorfer@ig-saatgut.de
  • Junge AbL, Raffael Kreißl (Arbeitsgruppe Gentechnik), mail: junge-abl@abl-ev.de
  • JANUN e.V., Leonard Willen (Vorstand), mail: brueter@janun.de
  • Junges Bioland e.V., Daniel Arzt (Vorstand), mail: junges.bioland@bioland.de
  • Junges Naturland, Lea Ilgeroth-Hiadzi (Koordinatorin), mail: info@junges-naturland.de
  • KLB – Katholische Landvolkbewegung Deutschland, Bettina Locklair (Bundesgeschäftsführerin), mail: Bettina.Locklair@klb-deutschland.de
  • Land schafft Verbindung Baden-Württemberg e.V., Christian Coenen (Vorstand), mail: info@lsv-bw.de
  • NAJU – Naturschutzjugend im NABU, Marco Lutz (Bundesjugendsprecher), mail: marco.lutz@NAJU.de
  • Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V., Hubert Heigl (Präsident), mail: natur-
    land@naturland.de
  • NEULAND e.V., Martin Steinmann (Vorsitzender), mail: mail: verein@neuland-fleisch.de
  • Slow Food Youth Deutschland, Clara Bobbert (SFY-Leitung), youth@slowfood.de
  • Verbund Ökohöfe e.V., Thomas Handrick (Vorstand), mail: thomas.handrick@verbund-oekohoefe.de