In solchen Betrieben gilt die Natur als Vorbild und Kooperationspartner. Deshalb wachsen auf Bio-Äckern robuste Sorten, die gut mit den Bedingungen in der jeweiligen Region klarkommen. Chemisch-synthetische Spritzmittel sind hingegen verboten. Auch an anderen Stellen orientiert sich der ökologische Landbau an der Natur: Abgestorbene Pflanzen und die Ausscheidungen von Tieren sind wertvolle Nährstoffe für Bodenlebewesen. Deshalb stehen Bodenpflege und Humusaufbau im Zentrum und ein möglichst geschlossener Stoffkreislauf, bei dem nichts verlorengeht.
Im Idealfall haben die Produkte nur kurze und damit klimafreundliche Wege zurückgelegt, ehe sie im Einkaufswagen landen. Deshalb gilt, bei Obst und Gemüse solche Sorten zu wählen, die saisonal, d.h. in der eigenen Region gerade reif sind. Denn klar ist: Im Winter haben auch Bio-Tomaten eine längere Reise hinter sich. Eine nützliche Übersicht zu den unterschiedlichen Reifezeiten von Obst und Gemüse bieten Saisonkalender, die es in verschiedenen Ausführungen gedruckt und online gibt. Garantiert saisonal sind die Lebensmittel, die von regionalen Bio-Betrieben mit solidarischer Landwirtschaft oder eigenen Abokisten angebaut und dann praktisch an die Haustür oder Verteilstelle geliefert werden.
Noch eine gute Nachricht: Selbst eine weiter wachsende Menschheit ließe sich ausreichend und gesund ernähren. Eine renommierte Forschungsgruppe hat die „Planetary Health Diet“ erarbeitet, einen Speiseplan für Mensch und Erde.1 Um den umzusetzen, müsste sich die Menschheit allerdings überwiegend pflanzlich ernähren. Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst und Gemüse wären dann die Hauptnahrungsmittel.
Wie eine Landwirtschaft aussehen müsste, die die Ernährung kommender Generationen gewährleisten kann, haben 400 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits 2008 im Weltagrarbericht skizziert: kleinteilig, vielfältig, regional angepasst.2 Genau das entspricht den Prinzipien des Bio-Anbaus. Die Expertinnen und Experten, die sich mit den globalen Ökosystemen beschäftigen, sehen die planetaren Belastungsgrenzen inzwischen an sechs Stellen weit überschritten.3 Doch der Ökolandbau trägt dazu bei, das notwendige Gleichgewicht wieder herzustellen.
So ist intensive Bodenpflege Klimaschutz, weil sie Humus aufbaut. Der ist nicht nur ein Lebensraum für zahllose Mikroorganismen und Pilze, sondern auch ein Kohlenstoffspeicher. Ein globaler Humusaufbau von nur einem Prozent würde reichen, um den CO2-Gehalt der Erde auf ein ungefährliches Maß zu senken.4 Darüber hinaus helfen solche Böden, Überschwemmungen zu vermeiden, weil sie viel Wasser speichern können.
Der Ökolandbau fördert außerdem die biologische und genetische Vielfalt. Zum einen kümmern sich Bio-Saatgutbetriebe darum, alte Gemüse- und Getreidesorten zu erhalten und zu verbreiten. Die sind das Produkt jahrhundertealter Arbeit von Bäuerinnen und Bauern, die mit der Zeit eine große Vielfalt von Kartoffeln, Möhren, Kohl und Co. hervorgebracht haben. Selbstverständlich sind diese Sorten nachbaubar, können sich also selbst vermehren. Sogenannte Archehöfe bemühen sich um den Erhalt alter, regional angepasster Tierrassen. Doch auch für Wildtiere und -pflanzen ist die Bio-Landwirtschaft hilfreich, sie bietet z.B. Schmetterlingen, Wildbienen, Regenwürmern und Mikroorganismen einen Lebensraum.
Weil mineralische Dünger im Ökolandbau tabu sind, ist die Wirtschaftsweise keine Belastung für die natürlichen Stickstoff- und Phosphorkreisläufe. Die Nährstoffe, die dem Acker bei der Ernte entnommen werden, kommen in Form von Mist und Kompost zurück. Die Zahl der Tiere ist darauf begrenzt, wie viel Nährstoffe die Flächen des Betriebs aufnehmen können. Zusätzlich kommt Gründüngung zum Einsatz, sodass der Stickstoff aus der Luft auf ganz natürliche Weise dank Knöllchenbakterien gespeichert und in eine pflanzenverfügbare Form umgewandelt wird.
Das Wissen, wie eine zukunftsfähige Ernährung aussieht, ist da. Alle können dazu beitragen, dem Ziel näher zu kommen. Sich vorwiegend für regionale Bio-Produkte zu entscheiden und Tierisches mit Bedacht zu wählen ist das, was jede und jeder im Alltag tun kann.
1 https://eatforum.org/content/uploads/2019/01/EAT-Lancet_Commission_Summary_Report.pdf
gute Zusammenfassung auf Deutsch:
https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/lagern-kochen-essen-teilen/planetary-health-diet/
2 https://www.weltagrarbericht.de/original-berichte.html
3 https://www.pik-potsdam.de/de/produkte/infothek/planetare-grenzen/planetare-grenzen
4 Ute Scheub/ Stefan Schwarzer, Die Humusrevolution, Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen, München 2017, Ökom-Verlag